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Karen Amanda Moser

«Eine Vorstellung»
Vernissage: Do. 14. Januar 2021, 18–20 Uhr

Ausstellung: 15. Januar bis 11. März 2021

Mit dem Januar beginnt auch ein neuer Jahreszyklus, der im Kunstraum Satellit mit der Einzelausstellung der Thuner Künstlerin Karen Amanda Moser startet. Ausgehend vom Namen des Ausstellungsraumes und dessen Standort beim Verkehrskreisel am Guisanplatz, entwickelt Moser eine ortspezifische Arbeit. Sie greift unterschiedliche Kreisläufe und Zyklen auf, an welche das Gebäude angeschlossen ist. Die Ausstellung «Eine Vorstellung» wirft einen Blick hinaus ins Weltall und verknüpft das scheinbar Ungreifbare mit alltäglichen sich wiederholenden Handlungsstrategien und Ritualen: «Irgendwo steigt man ein, anderswo wieder aus, weil es weder einen bestimmten Anfang noch ein bestimmtes Ende gibt.»¹ In der finsteren Jahreszeit gewährt Satellit den Passant*innen durch die Frontscheibe einen Blick auf eine sinnliche Installation, die gerade dann zu leuchten beginnt, wenn die Dunkelheit der Nacht einbricht.


Im steten Kreislauf
In der Astronomie ist ein Satellit ein Flugkörper, der stets in Bewegung auf unveränderlichen Bahnen einen Planeten umkreist. Karen Amanda Moser (*1988) nimmt die Namensgebung des Ausstellungsraums sowie seinen Standort als Ausgangspunkt ihrer Untersuchung. Dabei erkennt sie unterschiedliche Kreisläufe und Zyklen, die den Kunstraum umgeben. Dazu gehört das regelmässige und fortwährende Halten der Buslinien an der Guisanplatz-Haltestelle: «Zu jeder Jahreszeit, bei jedem Wetter, Tag für Tag, von morgens früh bis spät in die Nacht», bewerben die Thuner Verkehrsbetriebe ihre Reliabilität. Die Aare hinter dem Kunstraum verweist auf den Kreislauf des Wassers. Dieses durchläuft unterschiedliche Aggregatszustände, um sich erneut im Lauf des Flusses wiederzufinden. Solche losen Regelwerke hält Moser auf einem Siebdruck fest. Sieben Sätze stehen je für eine Stimme innerhalb eines sich fortlaufend repetierenden Septetts, gar ein Mantra. Vor und während der Ausstellung werden die Drucke als mobiler Teil der Ausstellung in den Umlauf gebracht, in der Erwartung, dass sie in ihrem eigenen Kreis zum Satellit zurückkehren oder von dort aus weiterziehen.


Es geht nicht um die Dinge, sondern um die Ansicht über die Dinge
Im Kunstraum selbst lässt sich ein dunkler Vorhang erkennen. Sein Volumen verdeckt den hinteren Teil des Raumes dabei gänzlich. Wird sich der Vorhang öffnen? Wann beginnt die Vorstellung? Die Antwort auf die Frage liefert der Ausstellungstitel, denn was sich hinter dem Vorhang befindet, das bleibt eine Vorstellung. Wer jedoch bis zum Einbruch der Dämmerung bleibt, erlebt auch ohne Aufgehen des Vorhangs ein feines Spektakel: Von FL-Röhren beleuchtet, weckt die mit Brandlöchern übersäte, dunkle Stoffbahn Assoziationen zum Sternenhimmel, zum Kosmos. Damit verweist die Künstlerin auch auf Ansichten in der neuzeitlichen Physik, wo die regelmässige Wiederkehr von Sternen und Planeten einerseits das Weltgeschehen determinieren, andererseits die raum-zeitliche Struktur der himmlischen Abläufe für die Vorgänge auf der Erde modellhaften Charakter aufweisen. Die Abläufe können je nach Weltanschauung anders gedeutet werden. Und so verweist Moser in ihrer Installation nicht auf Fakten, vielmehr eröffnen sich in den von ihr erfassten Kreisläufen eine Vielzahl von Abweichungsmöglichkeiten, wie eine verirrte Wolke oder ein verspäteter Bus.


Eine lebendige Struktur
Da der Kunstraum Satellit an unterschiedliche Kreisläufe gebunden ist, erkennt ihn Moser als einen Ort, der eine lebendige Struktur in sich birgt. Mit der grossflächigen Glasfront wird innerhalb der architektonischen Gegebenheit ein Bezug zwischen Innen- und Aussenraum gelegt. In ihrer mehrschichtigen Arbeit versteht die Künstlerin die Ausstellungswände dabei nicht als Abgrenzung, sondern als durchlässige Membrane. So ist es die Auseinandersetzung mit der Rolle von Institutionen und Kunsträumen, die ein wiederkehrendes Interesse in Mosers künstlerischem Schaffen aufzeigt, das oft in subtilen Befragungen der gängigen Konventionen geschieht.

¹ Zitat Karen Amanda Moser

 

Karen Amanda Moser (*1988 in Thun, lebt und arbeitet in Bern und Thun) schloss 2014 mit dem Bachelor of Arts in Fine Arts an der Hochschule der Künste Bern (HKB) ab. Seit 2019 studiert sie im Bachelor Kunstgeschichte und Philosophie an der Universität Bern. Ihre Arbeiten wurden in mehreren Ausstellungen gezeigt, u.a. im Palazzo Liestal (2020), im Bikini Space Basel (2018) und im spaceburo Antwerpen (2016, solo). 2019 wurde ihr Werk mit dem Hauptstipendium des Aeschlimann Corti-Stipendiums gewürdigt, 2018 erhielt sie von der Stadt Thun ein Stipendium für einen Atelieraufenthalt in Genua, woraus eine Ausstellung im Projektraum enter des Kunstmuseum Thun resultierte. Neben ihrem künstlerischen Schaffen ist Karen Amanda Moser im Kurator*innen-Team des Kunstraums Grand Palais in Bern.

www.karenmoser.ch